Tuesday, October 24, 2006

Englische Mitbewohner




Von links: Thibault, Nick, Chasha, Lauren, Adi, Sarah

Heute stelle ich Euch mal meine Mitbewohner vor: Unser Haus wird dauernd von 12 Studentinnen und Studenten und gelegentlich von 40-50 Partygaesten bewohnt. Gestern z. B. war so eine Party, an der ich nur etwa 1-2 Stunden teilgenommen habe – was schon viel ist fuer meine Verhaeltnisse - , von der ich aber mitbekommen habe, dass sie sich erst um 5 Uhr morgens aufgeloest haben soll. Was tatsaechlich stimmen duerfte, denn als ich um 2 Uhr nachts aufgewacht bin – mein Zimmer liegt zum Glueck ganz oben im Haus, weit weg von Wohnzimmer, Hinterhof oder Klo – hoerte sich das Gejohle noch genauso laut und lebendig an wie drei Stunden vorher.
Aber Derartiges ist zum Glueck die Ausnahme. Die meisten meiner Mitbewohner sind eher ruhig, manche sogar zu ruhig. Von den beiden Chinesen Wayne und Ely, die hier Ingenieurwissenschaften studieren, hoert und sieht man kaum was, weil sie entweder lernen oder in ihrem Zimmer “World of Warcraft” spielen, und sich nur zum Kochen unter die anderen Hausbewohner wagen. Das scheinen sie allerdings gut zu koennen, besonders Ely, der die Statur eines Sumo-Ringers hat und den ich neulich doch tatsaechlich eine Schweinshaxe habe zubereiten sehen – sah jedenfalls so aus, das Teil. Normalerweise kochen die beiden aber eher gesund aussehende Sachen, mit viel Gemuese und wenig Fett. Wayne hat gerade angefangen, Deutsch zu lernen und mich gestern mit einem passablen Guten Tag” begruesst; wir haben vereinbart, dass er sein Deutsch an mir ausprobieren und ich ihm im Gegenzug beim Kochen ueber die Schulter sehen darf. Ich koennte gemein sein und ihm statt Deutsch Schwaebisch beibringen …
In Sachen Kochkunst steht den beiden Chinesen Thibault nicht nach, unser Franzose, der uns letzten Sonntag “Gratin Dauphinois” mit Rindfleisch (irgendwie gebraten, keine Ahnung, wie) und Salat aufgetischt hat: – sehr ansprechend. Das war schon das zweite Sonntagsessen dieser Art – in der ersten Woche hatte Adi, unser sehr aufgeweckter kleiner Indonesier, Lammbraten, Yorkshire Pudding (eine Zulage, die nicht wie Pudding, sondern fast wie frisches Gebaeck schmeckt) und Gemuese gemacht, also ein typisch englisches Essen – aber gut, doch. Die Leute hier sind alle mindestens in ihrem zweiten Jahr an der Uni und schon entsprechend erfahren in Sachen Kochen und Haushalt. Was nicht heisst, dass es dauernd solche Schlemmermahle gibt. Nick etwa, unser IT Manager, scheint sich nur von Pizza und Dinosauriern (vorgefertigten, panierten Fleischstuecken in der Form dieser ausgestorbenen Viecher) zu ernaehren, die er gleich nach dem Heimkommen, den Rucksack noch auf dem Ruecken, auf den Grill schmeisst, aber das gehoert sich fuer einen baertigen Physik- und Computerfreak ja auch nicht anders.
Abgesehen von diesen Essgewohnheiten ist Nick ein sehr netter Zeitgenosse, der aber wie fast alle anderen Englaender hier auch den Fehler hat, dass er viel zu schnell Englisch spricht. Als ich am ersten Abend nach Hause gekommen bin und noch schnell - ja, genau - eine Pizza in den Ofen schieben wollte, hat er mir gezeigt, wie selbiger funktioniert, und mich dann gefragt, ob ich sie selber reinschieben wolle oder ob er das fuer mich machen solle. Das Ganze allerdings so schnell, dass ich kein Wort verstehen konnte. Meine verwirrte Miene richtig deutend hat er dann, schoen langsam und wie bei einem kleinen Kind, die Frage nochmal wiederholt: “Do – you – want – me – to – put – it – in – there – or – do – you – want – to – do – that – yourself ?” Und der Groschen fiel.
Des weiteren wohnen hier: Lauren, eine Biologiestudentin und so etwas wie die Hausmutter (sie versucht immer, die Drueckeberger und Stubenhocker dazu zu animieren, sich etwas sozialer zu zeigen), Neil, Physik- und Mathestudent und einer dieser Drueckeberger, (er ist Fan von Wolverhampton - 40 Meilen von hier - und besucht an den Wochenden jedes Heimspiel seiner Mannschaft), James, ebenfalls Physikstudent und ein weiterer Drueckeberger (er ist Praesident des Warwick Student Cinema und jeden Abend im Einsatz – Glueck fuer ihn, denn sein Zimmer ist nur durch das Wohnzimmer zu erreichen, d.h. er braucht bei Parties gar nicht versuchen, vor 3 oder 4 Uhr nachts ins Bett zu gehen), Sarah, Chasha, und Jenny. Letztere ist eine zurueckhaltende, aber nette Mittvierzigerin, die hier Medizin studiert, Chasha studiert Jura, Sarah Film sowie Englische Literatur und hat eine Vorliebe fuer putzige Walt Disney-Trickfilme. Eine bunte Mischung also. Insgesamt sind 7 von den 12 Bewohnern Native Speaker, eigentlich 8, weil Adi, der Indonesier, seine gesamte Schulzeit auf einer internationalen Schule verbracht hat und sehr gutes American English spricht. Von den erwaehnten Kleinigkeiten abgesehen kommen wir alle gut miteinander aus, und ich fuehle mich sehr wohl hier. Als letzten Sonntag die Haushaltspflichten verteilt wurden, habe ich mich zum “Fridge Inspector” und zum “Post Manager” ernennen lassen. Keine Ahnung, warum die hier “post” statt “mail” sagen; jedenfalls bin ich jetzt dafuer zustaendig, die angelieferte Post zu sortieren und darauf zu achten, dass in den Kuehlschraenken nichts vor sich hin verrottet. Was noetig ist - gelegentlich riecht es doch sehr verdaechtig – aber nicht arbeitsintensiv. Das Haus selber ist insgesamt, um ehrlich zu sein, ziemlich alt und schaebig, aber einigermassen gemuetlich, und falls die Property Managerin es demnaechst schafft, die Heizung in Gang zu setzen, werde ich vielleicht auch einmal ohne Schal schlafen koennen …
Oben seht ihr ein Foto vom harten Kern unserer Truppe, eins vom Haus und eins von einer typischen englischen Strasse gleich hier in der Nachbarschaft. Bilder von Coventry und Umgebung folgen demnaechst.

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